... ich war ein verborgener Schatz und wollte erkannt werden ...

Angelus Silesius

Zwei Augen hat die Seel’: eins schauet in die Zeit

das andre richtet sich hin in die Ewigkeit.

Angelus Silesius (1624-1677)
aus: "Der Cherubinische Wandersmann", III, 228

 
 

 

 

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Geistiges Heilen aus rechtlicher Sicht

"Heilen" und "geistiges Heilen" sind Begriffe, die sehr unterschiedlich gebraucht und verstanden werden.  Das ist genauso wie mit dem Wort "Liebe" wo jeder ganz genau weiß, was damit gemeint ist, und sich doch kaum zwei Menschen ohne Mißverständnisse darüber unterhalten können.

Zunächst einmal ist mit "geistigem Heilen" nicht das Heilen im Sinne der gesetzlich anerkannten Heilberufe wie Arzt, Psychologe, Therapheut  etc. gemeint.  Auch ist nicht die medizinische oder psychische Heilung des Geistes (also des Verstandes oder der Psyche) gemeint.  Medizinisch wird Heilen meist als psychischer, chemischer oder invasiver Eingriff verstanden, der die Körperfunktionen eines Menschen wieder näher an eine als gesund definierte "Norm" zurückführt.  Das geschieht meist durch eine Diagnose der Abweichung von der Norm und der Anwendung standartisierter Korrekturmaßnahmen, die sich statistisch dahingehend bewährt haben, dass sie die Rückkehr zur Norm "gesund" bewirken.  Das Ergebnis "gesund" wird dann wieder anhand von messbaren Resultaten festgestellt.

Demgegenüber beschäftigt sich "geistiges Heilen" vorrangig mit dem subjektiven Wohlbefinden und versteht "Heilen" als das Wiederherstellen des Heilen (also Vollständigen) und des Heiligen in allem  Lebendigem, das zwar auch eine Heilung im medizinischen Sinne durch eine Stärkung des Lebenswillens und der Selbstheilungskräfte auslösen kann, aber letzlich keine Diagnose und keine Definition von krank und gesund im medizinischen Sinne kennt.

Hierzu gibt es ein interessantes Urteil des Bundesverfassungsgerichts über "... den Umfang der Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz in einem Fall des so genannten geistigen Heilens".

Das höchstrichterliche Urteil stellt klar, dass es sich bei der "Berufstätigkeit" des geistigen Heilens nicht um Heilen im medizinischen Sinne handelt, und dass geistiges Heilen ausgeübt werden darf, solange keine Heilungsversprechen im medizinischen Sinne gemacht werden, und nicht von einer ärztlichen Therapie abgeraten wird.

Das Gericht hatte zu entscheiden, ob jemandem, der  "Geistiges Heilen" in der im folgenden beschriebenen Weise ausübt eine behörliche Genehmigung für diese Tätigkeit erteilt werden kann, obgleich dieser über keinerlei medizinische Kenntnisse verfügt:

Der Beschwerdeführer beantragte im Juni 2000 eine behördliche Erlaubnis zur Ausübung seiner Tätigkeit, die er als geistiges Heilen wie folgt beschreibt:  Er versuche die Seele des Kranken zu berühren. Mit Hilfe seiner Hände übertrage er positive Energien auf das Zielorgan und aktiviere dadurch die Selbstheilungskräfte seiner Klienten.  Er erstelle weder Diagnosen noch verschreibe er Medikamente oder verwende medizinische Geräte. Heilungsversprechen gebe er nicht ab.  Er rate den Kranken dringend zu, weiter Hausärzte und Spezialisten zu konsultieren.  Nach seiner Auffassung benötigt er hierfür keine Heilpraktikerprüfung.

In der Begründung des Urteils, dass geistiges Heilen in der hier beschriebene Form keine Heilpraktiker-Ausbildung erfordert heißt es:

Die Forderung an den Beschwerdeführer, eine Heilpraktikerprüfung abzulegen, ist  unangemessen, weil eine solche Prüfung mit der Tätigkeit, die der Beschwerdeführer auszuüben beabsichtigt, kaum noch in einem erkennbaren Zusammenhang steht.  Die in der Heilpraktiker-Prüfung geforderten Kenntnisse in Anatomie, Physiologie, Pathologie sowie in Diagnostik und Thrapie kann er sämtlich bei seiner Berufstätigkeit nicht verwerten.

... Jedenfalls zielen die Heilpraktikererlaubnis und die ärztliche Approbation nicht auf rituelle Heilung.  Wer Letztere in Anspruch nimmt, geht einen dritten Weg, setzt sein Vertrauen nicht in die Heilkunde und wählt etwas von einer Heilbehandlung Verschiedenes, wenngleich auch von diesem Weg Genesung erhofft wird.  Dies zu unterbinden ist nicht Sache des Heilpraktikergesetzes.

... Ein Heiler, der spirituell wirkt und den religiösen Riten näher steht als der Medizin, weckt im Allgemeinen die Erwartung auf heilkundlichen Beistand schon gar nicht. Die Gefahr, notwendige ärztliche Hilfe zu versäumen, wird daher eher vergrößert, wenn geistiges Heilen als Teil der Berufsausübung von Heilpraktikern verstanden wird.

In diesem Sinne verstehen auch wir in der Akademie Lichtung geistiges Heilen als eine Handlung, die vielfach bewährten heiligen Riten zur Stärkung des Lebenswillens und der Selbstheilungskräfte folgt, welche im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes als ein dritter Weg, auf dem Heilung erhofft wird, bezeichnet werden.

Im Gegensatz zu einer medizinischen Heilbehandlung kann und wird eine geistige Heilbehandlung keine Heilung im medizinischen Sinne versprechen.  Dass  geitiges Heilen jedoch auch Heilung im medizinischen Sinne durch Stärkung des Lebenswillens und der Selbstheilungskräfte auslösen und fördern kann, wird auch zunehmend von Schulmedizinern anerkannt.  In England werden beispielsweise die Kosten für  "geistiges Heilen durch Händeauflegen" von den Krankenkassen übernommen, wenn ein Arzt diese Ergänzung zur schulmedizinischen Therapie befürwortet.  Zur Förderung einer  Medizin, die den Menschen als ein spirituelles und höchst komplexes Wesen wieder mehr in den Mittelpunkt stellt, wäre dies auch in Deutschland wünschenswert.

Unserer Erfahrung nach kann "geistiges Heilen" gerade dadurch, dass sie keinen Ansspruch auf die  physische Heilung erheben kann und will, für den Patienten in der subjektiven Wahrnehmung von Krankheitssymptomen und dem damit verbundenen Leidensdruck eine spürbare Entlastung bringen.

Geistiges Heilen bewirkt selbstverständlich keine "Heilungs-Wunder", aber es kann sehr wohl Blockaden lösen, die eine rasche Heilung verhindern.  Denn letztendlich gibt es auch medizinisch betrachtet keine Heilung von außen, sondern immer nur Selbstheilung von innen.

Es gibt grundsätzlich sehr verschiedene Formen diese Selbstheilung zu unterstüzen. "Geistiges Heilen" kann und will nicht die einzige sein, und nicht jeder spricht auf diese Form der Unterstützung an. 

Während Medikamente und andere Formen invasiver Medizin häufig eine vorhersehbare Wirkung und unvorhersehbare Nebenwirkungen haben, hat Geistiges Heilen in der Regel eine unvorhersehbare Wirkung, aber eine vorhersehbare Nebenwirkung: nämlich die Förderung der spirituellen Entfaltung und Bewußtwerdung des aus dem Gleichgewicht geratenen Individuums.

In diesem Sinne sollte Geistiges Heilen als ein spiritueller Weg und nicht als eine Therapie  verstanden werden, - ein Weg zur geistigen Entfaltung sowohl für den Patienten als auch für den Heiler.

PS.: Den vollständigen Text des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes als pdf-Datei können Sie extern HIER einsehen.

Das Urteil kam durch Betreiben der DGH e.V. zustande, nachzulesen in extern dieser Broschüre (neben vielen anderen wertvollen Informationen)

über Krankheit und Heilen ...

Hermann Hesse

Die beste Arznei für den Menschen ist der Mensch.

Der höchste Grad der Arznei ist die Liebe.
Was ist die Hilfe der Arznei anderes als Liebe?

Paracelsus (1493 - 1541)

Ob der erste Satz wirklich von Paracelsus stammt ist unklar. Eine andere Quelle sieht den Ursprung in Afrika.
In Gambia bei den Nguni sagt man auf Wolof: "Nit nitay garab am" (Der Mensch ist das Heilmittel des Menschen)
und auch noch schön: "Abantu ngabantu ngabantu" (Menschen sind Menschen nur durch anderen Menschen)

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