... ich war ein verborgener Schatz und wollte erkannt werden ...

Hermann Hesse

Die beste Arznei für den Menschen ist der Mensch.

Der höchste Grad der Arznei ist die Liebe.
Was ist die Hilfe der Arznei anderes als Liebe?

 Paracelsus (1493 - 1541)

Ob der erste Satz wirklich von Paracelsus stammt ist unklar. Eine andere Quelle sieht den Ursprung in Afrika.
In Gambia bei den Nguni sagt man auf Wolof: "Nit nitay garab am" (Der Mensch ist das Heilmittel des Menschen)
und auch noch schön: "Abantu ngabantu ngabantu" (Menschen sind Menschen nur durch anderen Menschen)

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Das Puppenhaus

Da ist diese Geschichte, die das Mysterium vom Zweck des Lebens erklären kann. Eine Fee wollte sich unbedingt amüsieren, und stieg auf die Erde hinab. Dort hatten Kinder ein Puppenhaus gebaut. Sie wollte das Puppenhaus betreten, aber es war schwer für sie einen Ort zu betreten, der nur für Puppen gemacht war.

„Also gut,“ sagte sie, „ ich versuche es anders. Ich werde einen Finger hier herum senden und einen anderen auf einem anderen Weg, und jeden Teil auf verschiedenen Wegen.“ Und sie teilte sich in verschiedene Teilchen, und jedes ihrer Teile lief durch die verschiedenen Räume des Puppenhauses. Und wenn ein Teil einen anderen traf, dann rieben sie sich aneinander und das war sehr unangenehm. Und die Teile begannen zu streiten: “Warum kommst Du auf diesem Weg? Das ist mein Weg; wieso gehst Du auf meinem Weg? Jeder Teil der Fee interessierte sich für etwas in einem Teil des Puppenhauses. Aber dann gab es andere Teile des Wesens, die das nicht zulassen wollten. Sie hielten es fest: „Du bleibst hier; Du kannst hier nicht raus.“ Einige ihrer Teile wollten die anderen rausdrängen, aber es gab keine Möglichkeit, sie hinauszudrängen. Es entstand also eine Art Chaos weil der eine Teil nicht wusste, dass er zur gleichen Fee gehörte wie der andere, und doch wurden sie unbewusst zueinander hingezogen, weil sie alle Teile des gleichen Körpers waren. Schließlich begann auch das Herz der Fee herumzuwandern. Dieses Herz beruhigte alle anderen Teile, und sagte: “Du kamst von mir, ich möchte Dich trösten, ich möchte Dir dienen. Wenn Du Probleme hast, möchte ich Dir die Probleme gerne nehmen. Wenn Du Hilfe brauchst, möchte ich sie Dir gerne geben. Wenn es Dir an etwas fehlt, möchte ich es Dir bringen. Ich weiß, wie groß Eure Schwierigkeiten im Puppenhaus sind.“ Aber manche antworteten:“ Wir haben überhaupt keine Probleme. Wir amüsieren uns. Wenn wir Probleme haben, dann nur weil wir hier bleiben wollen. Es sind die anderen die Schwierigkeiten haben, nicht wir.“

Das Herz meinte: „Also gut, dann richte ich mich nach Euch und werde mich auch amüsieren. Ich werde mit denen mitfühlen, die Probleme haben und ich helfe jenen, die sich amüsieren.“ Dies war der Teil der Fee, der sich all der Atome bewusst war, die verstreut waren. Aber die Atome waren sich dessen kaum bewusst, auch wenn sie sich vom Herzen wissentlich oder unwissentlich, bewusst oder unbewusst angezogen fühlten, denn sie gehörten zum gleichen Körper. Das ist die Macht des Herzens. Sie ist wie die Macht der Sonne, die die ansprechbare Blume, zur Sonnenblume macht.  Und so verwandelte die Kraft des Herzens, jeden Teil ihres Wesens das ansprechbar war, in ein Herz. Und weil es selbst Licht und Leben war, konnte das Puppenhaus das Herz nicht länger halten. Das Herz konnte die Freuden des Puppenhauses erleben und war gleichzeitig fähig wegzufliegen. Das Herz war entzückt, all die Atome seines Körpers wiederzufinden, und wirkte durch alle und durch jeden Teil ihrer Organe. So dass sie schließlich jedes ihrer Organe auch in ein Herz verwandelte, womit diese Aufgabe vollbracht war.

  Eine Sufi-Geschichte, weitererzählt von  Hazrath Inayat Khan (1882 - 1927) in seinen Schriften  Band 1/4, Kapitel 13

Kommentar Malik:
In einer anderen englischen Version der selben Geschichte, an die ich mich gut erinnere, die ich aber nicht finden konnte, ruft das Herz schließlich in das Chaos: "Remember!", worauf sich alle Teile wieder ihres Ursprungs erinnern und in Harmonie zusammenfinden.

Das ist ein interessantes Wortspiel, denn der englische Ausruf: "Remember!" bedeuten zum einen in der Umgangssprache "Erinnere dich!", zugleich von der Wortwurzel her aber auch "Re-Member!", also "Werde wieder (Re-) Mitglied (Member) " oder "Verbinde dich wieder!" ... im Sufi-Verständnis: "Kehre zurück in die Einheit!", bzw. "Werde dir bewußt, dass du Teil der Einheit bist!".

Remember in diesem Sinne entspricht dem lateinischen Wort "religio" ("zurückverbinden") von dem unser Wort Religion kommt. In Religion klingt also die Bedeutung mit: "sich wieder verbinden", "sich seines Ursprungs erinnern" ... "Re-Member".

(Siehe dazu auch "Please remember me", das Lied "Dante's Prayer" von Loreena McKennith)

Hier der englische Text im Original ...


The Dolls house


There is a story that can explain the mystery of life's purpose. A fairy had a great desire to amuse herself, and she descended on the earth. And there, children had made a little doll's-house. She wanted to enter this doll's-house, but it was difficult for her to enter into the space where only a doll can go.

'Very well,' she said, 'I am going to try a different way. I will send one finger by this way, and another finger by another way, and each part by different ways.' And she separated into different bits, and each bit of herself went through the different parts of the doll's-house. And when one part met the other part, they rubbed against one another and that was very unpleasant. And there was a fight among different parts: 'Why are you coming my way? This was my way; why do you come my way?' Each part of the fairy's being interested itself in something, in some part of that doll's-house. When that moment of interest passed, a certain part of her being wanted to go out of the doll's-house. But then there were other parts of the being, which were not willing to let it go. They were holding it: 'You stay here; you cannot go out.' Some parts of her being wanted to push out another part, but there was no way of putting it out. So, it was a kind of chaos all through, one part not knowing that the other part belonged to the same fairy, and yet one part being attracted unconsciously to another part because they were all parts of the same body. In the end the heart of the fairy moved about also. This heart soothed every other part, saying, 'You have come from me. I wish to console you, I wish to serve you. If you are troubled, I wish to take away your trouble. If you are in need of service, I wish to render it to you. If you lack anything, I wish to bring it for you. I know how much you are troubled in the doll's-house.' But some said, 'We are not troubled at all. We are enjoying ourselves. If we are troubled, it is by the wish to remain here. Those who are troubled are others, not we.'

The heart said, 'Well, I shall look at you, and I shall enjoy myself too. I shall sympathize with those who are troubled, I shall help those who are enjoying themselves.' This was the one part of the fairy's being which was conscious of its atoms scattered all around. But the atoms were hardly conscious of it, although, since they belonged to the same body, they were attracted to the heart, knowingly, or unknowingly, consciously or unconsciously. Such was the power of the heart. It was just like the power of the sun that turns the responsive flower into a sunflower. And so the power of the heart of the fairy turned every part of its being that responded, into a heart. And as the heart was light and life itself, the doll's-house could no longer hold the heart. The heart was experiencing the joy of the doll's-house, but was at the same time able to fly away. The heart was delighted to find all its atoms belonging to its body, and it worked through all and through every part of its organs. So, in time, it turned every part of its organs into a heart also, by which this phenomenon was fulfilled.

see:  Volume 1 (The Way of Ilumination), Section 4 (The Purpose of Life), Chapter 13

Der Unterschied zwischen...

Ein sehr frommer Mann und ein Perfekter lebten beide in der Umgebung einer schönen Stadt, einige Meilen entfernt.
Eines Tages wurde in diesen beiden Haushalten bekannt, dass ein Prinz, der die Gegend besuchte dem verehrungswürdigsten spirituellen Meister der Provinz seine Ehre erweisen wollte, und darauf wartete, diesem Mann ein kleines Vermögen zu schenken, um mitzuhelfen, Gottes Werk voranzubringen.

Da es in der Bevölkerung schon jahrelang eine Art Frage war, wer nun wirklich von den beiden der spirituellste sei, entwickelte der Prinz eine Art Wettbewerb, denn er hatte nur Zeit, um einen der beiden Persönlichkeiten aufzusuchen.

Der Prinz ließ verlautbaren: In Drei Tagen möchte ich jeweils den Haupt-Repräsentanten der beiden bekannten religiösen Männer in meinem Quartier treffen. Und nachdem ich sie ausgiebig befragt habe, werden ich und meine Minister entscheiden, wer von ihren beiden Lehrern näher an Gott ist, und an wen wir also Gottes eigene Spende verschenken werden.

Nachdem der Heilige die Nachricht erhalten hatte, setzte er sich mit allen, die ihm Nahe standen zusammen. Dieser Rat diskutierte die Situation stundenlang, erforschte jede Nuance, und erwägte wie viel dieses Gold ihnen bedeuten würde. Dann wurde mit einer klaren Mehrheit Ramjoo ausgewählt. Ramjoo war ein auffallend hübscher junger Mann, ein großer Jäger, ein legendärer Krieger und ein berühmter Künstler. Sein Intellekt war superb, seine Manieren makellos. Er sprach 20 verschiedene Sprachen und war selbst Spross aus königlichem Blut – eine Großtante war eine Königin. Jemand aus dem Lager des Heiligen wusste auch, das dieser Prinz das intime Zusammensein sowohl mit Männern, als auch mit Frauen genoss. Sie nickten alle: Ramjoo war die richtige Wahl.

Der Vollkommene rief, nachdem er die Nachricht des Prinzen erhalten hatte sofort nach Yasamin; Da brauchte es keine Beratung mit irgendjemandem. Yasamin war eine Dienerin im Haushalt des Meisters. Sie war fast achtzig, eine
berühmte Schabracke und hatte ihr ganzes Leben lang für ihn gearbeitet. - Niemand anderes aus der Stadt hätte Yasamin je angestellt, denn sie war vollkommen närrisch (vielleicht einfach gottvernarrt ). Jedoch ihre Qualitäten für diese essentielle, delikate Diplomatie passten genau:

Sie hatte Monate lang weder ihre Haare gekämmt noch gebadet; meist stammelte sie unverständlich in ihrer eigenen geheimen Sprache, die nur der Meister verstand. Oft machte sie obszöne Gesten wobei sie ihre intimen Zonen entblößte. Sie bohrte zwanghaft in der Nase und warf ihre Popel mit erstaunlicher Zielsicherheit. Niemand
hatte erlebt, dass sie jemals fünf Minuten lang gegangen wäre ohne mindestens vier mal laut gefurzt zu haben. Auch war sie medial und würde vermutlich anfangen, den Prinzen zu schlagen, wenn sie “sehen” würde, dass er jemals mit seinen Kamelen zu intim geworden wäre.

Yasamin, das wusste der Vollkommene, war die richtige Wahl als seine Gesandte, besonders als sie mit einem tief erleuchteten Lachen einwilligte, zu ihrer schon majestätisch-noblen freien Erscheinung eine Krone aus drei lebenden Hühnern hinzuzufügen, die sie stolz auf ihren Kopf drapieren wollte, wenn der Moment der königlichen Begegnung kommen würde. Die zwei Gesandten betraten das Quartier des Prinzen, wurden aber getrennt gehalten und sahen einander nicht.

Ramjoo ging zuerst und hinter der Türe konnte Yasamin Gesang hören, und leichte, lebhafte Unterhaltung, die zwei Stunden dauerte. Sie wusste was passierte. Der Prinz verliebte sich in seinen neuen Gast.

Dann wurde Yasamin hereingebracht. Und der Prinz traute seinen Augen nicht. Er fühlte sich ausserordentlich beleidigt und erschrak sogar ein bisschen, als Yasamin, die tatsächlich fähig war in die Vergangenheit des Prinzen zu “sehen”, anfing Dinge zu rufen, die sogar er verstehen konnte. Über diese eine bedauernswerte Nacht in der Wüste – mit diesem jungen, hinreißenden Kamel. Sie traf den Prinzen sogar mit zwei riesigen Popeln aus zwanzig Fuß Entfernung. Sie prallten von seiner Stirn ab und fielen direkt in seinen Tee. Yasamin wurde zur Ordnung gerufen, geschlagen und hinaus geworfen. Sie kehrte in Ekstase zu ihrem Meister zurück und ward noch so
glücklich gesehen.

In dieser Nacht konnte der Prinz nicht schlafen, schlummerte aber kurz vor Morgengrauen für ein paar Minuten ein. In diesem kurzen Schlaf hatte er diesen Traum: Der Prophet Muhammad saß auf einem herrlichen weißen Pferd und hinter dem Propheten saß ein Mann der den Prinzen wunderbar anlächelte, bevor er sagte:
“Warum hast Du meine liebe Yasamin geschlagen, als sie nur die Wahrheit zu Dir sagte?”

Der Prinz schoss hoch und saß aufrecht im Bett, zitternd vor Schweiß. Er rief nach seinem Pferd, das gesattelt werden sollte und ritt mit zehn seiner Soldaten direkt zum Haus des Heiligen, und bat eindringlich ihn zu sehen. Als er diesen Mann sah, und erkannte, dass er nicht die Person aus seinem Traum war, entließ er seine Soldaten,
zog seine Schuhe aus, begann zu weinen und fing an zum Haus des Vollkommenen zu laufen.

Meine Lieben: Benutzt Eure eigenen Fähigkeiten, Geschichten zu erzählen, um die Geschichte so zu Ende zu erzählen, wie sie Euer Herz am meisten erhebt.

Drei mögliche Gründe

Einer jener Wege wird durch die Sufi-Aktivität verkörpert, in der man das Gehirn darin unterweist, sich selbst so zu harmonisieren, dass es dazu befähigt wird, über Dinge, die nicht logisch auseinander hervorgehen genauso effektiv nachzudenken, wie über andere. Dies wird in einer Geschichte illustriert, in der der Lehrer einem
Schüler tatsächlich eine Denkübung gibt, die dadurch ausgeführt wird indem er die scheinbar unerklärbaren Worte, die er sagt, bearbeitet:

Ein Mann ging zu einem Sufi und fragte: “Wie gelangt man zu größerem Bewusstsein?”
Der Sufi sagte: ”Durch die Art und Weise des Schicksals und durch große persönliche Anstrengung.”
“Und wie”, fragte der Mann, “folgt man dem Weg der großen persönlichen Anstrengung?”
“Das ist etwas das durch die Art des Schicksals beantwortet wird.”

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